Entwicklungen im VoIP-Telefonbereich – das Experteninterview mit Ossi Urchs

  • Das Experten-Interview wurde von Ventengo mit Herrn Urchs erstellt.


    Der VoIP-Telefonbereich hat sich seit den 90er Jahren rasant entwickelt und schon längst einen technischen Standard erreicht, der den Geschäfts- und Privatmarkt erobert. Wir fragen Experten wie sie die Entwicklung im VoIP-Telefonbereich sehen. Heute hören wir dazu die Sichtweise von Ossi Urchs von der Medienagentur F.F.T.


    Herr Urchs, welches waren Ihrer Meinung nach die Meilensteine, die die VoIP-Telefonie als eine gängige Telefonielösung etabliert haben?
    Wie bei allen anderen Internet-Technologien waren es die offenen Standards, in erster Linie SIP, die eine massenhafte Entwicklung und daran anschließend auch Nutzung der Internet-Telefonie ermöglichten. Ironischerweise sorgte dann allerdings „Skype“, das solche Standards weitgehend ignorierte und durch alternative Lösungen ersetzte, für die massenhafte Nutzung von VoIP zumindest bei Privatpersonen. In den Unternehmen ist VoIP allerdings erst durch die Lösungen von Cisco zu einem ernst genommenen Thema geworden.


    Können Sie sich vorstellen, dass die Internet-Telefonie in naher Zukunft den Festnetzanschluss vollständig ersetzen kann?
    Der herkömmliche Festnetzanschluss ist meines Erachtens schon längst ein Auslaufmodell, das lediglich von älteren Nutzern und öffentlichen Institutionen noch am Leben gehalten wird. Bei den jüngeren Privatnutzern hat das Handy ihn längst ersetzt. Insofern stellt sich für mich eher die Frage, wann VoIP endlich im Mobilfunk-Markt etabliert sein wird, was leider durch die Tarif-Politik der Mobilfunk-Provider derzeit noch verhindert wird. Aber auch dieser Anachronismus sollte sich bald erledigt haben.


    Oft wird ja damit geworben, dass das Telefonieren über VoIP hilft Kosten zu sparen. Ist dies Ihrer Meinung nach der entscheidende Vorteil, den die Internet-Telefonie mit sich bringt und wie haben sich die Preise seit der standardisierten Einführung entwickelt?
    Der Preisvorteil war es natürlich, der VoIP ganz entscheidend popularisiert hat. Menschen, die nahezu kostenlos mit Angehörigen in ihren weit entfernten Heimatländern telefonieren konnten, haben Skype popularisiert. Für Unternehmen steht dagegen sicher die Service-Quaiität und die mögliche Integration von VoIP in andere Kommunikations-Dienste im Vordergrund. Beides zusammen genommen beschreibt die unübersehbaren Vorteile die VoIP den Anwendern zu bieten hat.


    Wie sieht es mit dem Service der VoIP-Anbieter aus? Oftmals stehen Kunden vor dem Problem, dass sie nicht wissen, wie sie die Technik richtig anwenden können. Hat sich dies im Laufe der Zeit verbessert oder ist teilweise immer noch eine Servicelücke vorhanden?
    Die Service-Lücke ist meiner Erfahrung nach noch immer ein großes Problem, nicht nur der eigentlichen Anbieter, sondern auch auf Seiten der anderen IT-Dienstleister. Ob das an mangelnder Kompetenz oder auch an mangelnden Geschäftsmodellen für solche Dienstleistungen liegt, ist im Ergebnis egal. Beides eröffnet allerdings auch gute Möglichkeiten für kompetente Berater und spezialisierte Dienstleister. Gleichzeitig wächst mit der Erfahrung auch die Inhouse-Kompetenz in den IT-Abteilungen. Das ist für die Provider eine nicht ungefährliche Entwicklung, werden sie dadurch doch heute schon weitegehend auf eine Rolle als Infrastruktur-Anbieter, also auf ein „Utility-Business-Modell“ reduziert.


    Welche technischen Neuerungen können wir in der Zukunft im VoIP-Bereich erwarten? Welche Rolle spielt dabei der UMTS-Nachfolger LTE?
    Technisch ist meines Erachtens momentan nicht allzu viel Innovation zu erwarten, wenn man von den immer komplexeren und mächtigeren Video-Conferencing-Lösungen einmal absieht, die heute eine beeindruckende Qualität liefern. Natürlich ist LTE als IP-basierte Mobilfunk-Technologie bestens für VoIP geeignet. So lange aber die Provider versuchen VoIP als ganz besonderen Service, mit ebenso besonderen Tarifen, versteht sich, zu vermarkten, werden die Nutzer kaum einsehen, warum sie VoIP zu ihren sowieso schon überteuerten Mobilfunk-Tarifen zubuchen sollen. Wenn man sich nur mal einen Moment lang vorstellt, welche attraktiven Zusatzdienste die Provider auf einem marktgerechten VoIP-Angebot aufsetzen könnten, versteht man deren ausschließlich kurzfristig orientiertes Profitdenken gar nicht mehr: Da werden großartige Geschäftsmöglichkeiten schlicht ignoriert!


    Immer mehr Verbraucher nutzen Smartphones oder Tablets, so zeichnet sich auch der Trend der mobilen Internetnutzung ab. Sehen Sie dies als Chance für den VoIP Bereich an?
    Der Trend zur mobilen Internet-Nutzung ist angesichts von 19 Millionen aktiven Nutzer längst da. Technisch sind die Chancen für die mobile VoIP-Nutzung also besser denn je. Verhindert wird der Siegeszug, wie schon gesagt, durch die ignorante Tarifpolitik der etablierten Mobilfunk-Provider – es sei denn ein kleiner, innovativer Anbieter, schafft es doch noch ihnen die Butter vom Brot zu nehmen.


    Herr Urchs, vielen Dank für das Interview.


    Über Ossi Urchs:
    Ossi Urchs studierte Philosophie, Theaterwissenschaft und Politikwissenschaft in Köln und München und ist seit 1980 selbstständiger Autor und TV-Regisseur. Seit 1982 betreibt er gemeinsam mit Sigi Höhle die F.F.T. MedienAgentur, die heute namhafte Unternehmen, wie z.B. ProSieben Digital Media/SevenOne Media, Otto Group oder Samsung Mobile, bei der Entwicklung ihrer Web-Strategien unterstützt. Daneben hält Ossi Urchs Vorträge und Moderationen auf Konferenzen und verfasste zahlreiche Beiträge in Fachbüchern und Zeitschriften rund um das Thema digitale Medien und Interaktive Kommunikation, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

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