Die geplante Umstellung der Deutschen Telekom auf All-IP ist derzeit in aller Munde. Obwohl das Unternehmen ankündigte, erst 2017 mit den Zwangskündigungen für wechselunwillige Kunden zu beginnen, sehen sich bereits die ersten Nutzer eines Alttarifs mit einer Kündigung konfrontiert. Zahlreiche Betroffene haben mit uns Kontakt aufgenommen und ihre Lage geschildert.
Telekom Kündigungen zur All-IP-Umstellung
Die bis 2018 geplante Umstellung des hauseigenen ISDN-Netzes auf All-IP führt zu den ersten Kündigungswellen. Wie das Unternehmen im Herbst 2014 ankündigte, werden wechselunwillige Kunden, die sich trotz mehrfacher Aufforderung nicht zu einer Umstellung auf All-IP bewegen lassen, sukzessive gekündigt und aus den Verträgen geworfen. Nach einem negativen Medienecho erklärte die Telekom, mit größeren Kündigungswellen frühestens 2017 beginnen zu wollen. Dennoch trudelten bereits jetzt bei zahlreichen Lesern Kündigungsschreiben ein. Gut ein Dutzend hat sich mit uns in Verbindung gesetzt und ihre Lage geschildert.
Das Aussprechen einer Zwangskündigung ist rechtlich legitim. Wie auch der Kunde kann ein Unternehmen einen Vertrag unter Einhaltung der Kündigungsfrist und Laufzeit ordentlich beenden und den Nutzer aus dem Angebot entlassen. In der Regel findet eine solche Anbieterkündigung bei längerem Zahlungsausfall oder anderen andauernden Problemen statt, die sich nicht auf anderen Wegen lösen lassen.
Aus wirtschaftlicher Sicht vermeiden die meisten Unternehmen eine größere Zahl der von ihnen ausgesprochenen Kündigungen und führen diese nur in Ausnahmesituationen durch. Kein Wunder, der so aus dem Vertrag geworfene Nutzer ist evtl. für die nächsten Jahre – oder auch für immer – als Kunde verloren und wird nicht unbedingt ein neues Angebot des jeweiligen Anbieters wahrnehmen. Umso überraschender kommen für viele Kunden die Kündigungswellen im Rahmen der All-IP-Umstellung, die zehntausende zufriedene Nutzer aus den Verträgen wirft. Der Grund: Sie weigern sich, ihren ISDN- oder mit ISDN verknüpften Internetanschluss auf das störanfällige IP-System umzustellen.

Telekom kündigt im Mehrstufenverfahren
Wie uns Betroffene berichten, geht die Telekom in den meisten Fällen nach einem mehrstufigen Kündigungsverfahren vor. Am Anfang werden die Kunden mit umstellungsbedürftigen Altverträgen von den Kundencentern kontaktiert und über ihre Lage informiert. Im Verlauf des Gespräches wird ein Wechselangebot offeriert, das die Nutzer zur Umstellung auf All-IP bewegen soll. Den Angaben einiger Telekom-Kunden zu Folge, fällt dieses jedoch sehr unterschiedlich aus. Während die einen günstigere Konditionen angeboten bekommen, etwa eine schnellere DSL-Leitung zum gleichen Preis oder monatliche Grundpreisreduzierungen, sollen andere Kunden aber auch deutlich gestiegene Monatspreise akzeptieren. Den Angaben zu Folge erhöhen sich die monatlichen Beiträge zum Teil trotz gleichbleibender Inhalte um bis zu 10 Euro.
Verweigern die Betroffenen die Annahme des Angebots und damit die Umstellung auf einen IP-Anschluss wird offenbar zum ersten Mal die mögliche Kündigung angesprochen und Druck aufgebaut. Wenig später trudelt das erste Erinnerungsschreiben ein, in dem mitgeteilt wird, der bisherige Anschluss könne „nicht unverändert weiterlaufen“. Im Falle der Weigerung sei man zudem „formell dazu verpflichtet, den bestehenden Vertrag zum Ende der Laufzeit zu kündigen.“ Zudem heißt es, man möchte die Kündigung natürlich unbedingt vermeiden und bittet um die „unbedingte Kontaktaufnahme“ innerhalb der nächsten vier Wochen.
Meldet sich der Kunde innerhalb dieses Zeitraumes nicht oder weigert sich, seinen Anschluss entsprechend umzustellen, geht wenig später die Kündigung ein. Erste Kündigungen erreichten betroffene Kunden bereits im Oktober, die uns vorliegenden Schreiben datieren das Ende des Vertrages auf Februar und März 2015.
Telekom-Kündigung im Februar und März 2015
Im Text der Kündigung wird erneut auf die Dringlichkeit der Umstellung eingegangen und die Wichtigkeit des „Telekommunikationsnetzes der Zukunft“ hervorgehoben. Damit auch der Kunde davon profitieren kann, muss er mitwirken, heißt es. Erneut wird zudem auf den Kontakt hingewiesen: „Bitte kontaktieren Sie uns umgehend, damit wir gemeinsam die für Sie beste Lösung finden“. Diese sieht jedoch zwingend die Umstellung auf All-IP vor.

Von der Telekom verschickte Kündigung
„Da wir Ihren Vertrag nicht ohne Ihr Einverständnis ändern dürfen, sind wir leider formell dazu verpflichtet, ihren Vertrag über ihr bisheriges Anschlussprodukt […] hiermit zum 14.03.2015 zu kündigen“, erklärt das Unternehmen. „Die Kündigung betrifft alle an Ihrem Anschluss zugebuchten Produkte und Leistungen. Das heißt: Ihr Anschluss wird am 15.03.2015 abgeschaltet. Um dies zu vermeiden, empfehlen wir Ihnen dringend, bis zum 14.03.2015 mit uns einen neuen Vertrag […] abzuschließen.“
Das zitierte Schreiben erreichte den betroffenen Kunden am 8. Januar 2015 und lässt kaum genügend Zeit, den Sachverhalt zu durchdenken und nach Alternativen zu suchen. Da es sich um einen Geschäftsanschluss handelt, wird immer wieder auf die „Kommunikation zu ihren Kunden“ eingegangen und der Druck durch die drohende Abschaltung erhöht.
Weiterer Druck nach der Kündigung
Selbst nach der ausgesprochenen Kündigung lässt die Telekom nicht locker. Herr R. aus der Nähe von Nürnberg wurde per Schreiben vom 12. Januar 2015 erneut über das baldige Ende seines Telekom-Anschlusses informiert. Das Kündigungsdatum wurde von dem Unternehmen mit dem 19. Februar 2015 angegeben und bereits Anfang Oktober in einen früheren Schreiben ausgesprochen.
In der Erinnerung heißt es unter anderem, man möchte Herrn R. „nochmals auf die Folgen hinweisen“, die sich aus der Kündigung ergeben. Er könne der Kündigung jedoch problemlos entgehen, in dem er die „Umstellung des Anschlusses beantrage“. Im Anschluss werden die Vorzüge des IP-basierten Angebots genannt sowie die Zahl der Kunden, die bereits einen solchen Anschluss nutzen. Zudem wird deutlich genannt, dass „von der Abschaltung alle an ihrem Anschluss gebuchten Produkte betroffen sind“ und „dass Sie ab dem 19.02.2015 nicht mehr über uns telefonieren und surfen können“.
Um die Abschaltung zu vermeiden und seinen Anschluss doch noch umzustellen, wird Herr R. gebeten, eine eigens eingerichtete Hotline anzurufen und dort das Kennwort „Anschluss der Zukunft“ zu nennen. Auch der Internetauftritt www.telekom.de/anschluss-der-zukunft oder einer der zahlreichen Telekom-Shops können ihm diesbezüglich weiterhelfen.
Telekom kündigt VDSL-Anschlüsse
Die erste Kündigungswelle der Deutschen Telekom trifft vor allem Nutzer, die auf einen VDSL-Zugang mit separatem ISDN- oder Analog-Telefonanschluss zugreifen. Das Anschlussverfahren entkoppelt den Internetzugang vom Telefon und macht eine unabhängige Nutzung möglich. Dadurch sind Kunden mit diesem Anschluss nicht von der Ausfallproblematik der IP-Anschlüsse betroffen. Fällt die Internetleitung aus, können sie problemlos weitertelefonieren. Bei All-IP funktionieren in einem solchen Falle hingegen beide Technologien nicht, der Nutzer kann weder im Internet surfen noch telefonieren.

Diese Ausfallproblematik gehört zu den Kernthemen der laufenden Umstellung. Während die Telekom selbst seit langem keine entkoppelten Anschlüsse mehr anbietet und allen Neukunden lediglich vollwertige IP-Verträge offeriert, nutzen hunderttausende Kunden das alte System und lassen sich nur schwer zum Wechsel überreden. Betroffen sind derzeit rund 300.000 Anschlüsse, die ab 2006 zu den ersten VDSL-Nutzern im Bundesgebiet gehörten. in 53 Städten wurden bis 2009 schnelle Internetzugänge mit bis 50 Mbit/s freigeschaltet, der Telefonzugang jedoch über Analog und ISDN bereitgestellt.
Die Pläne der Telekom sehen vor, bis 2016 alle entkoppelten Anschlüsse in den Stadtgebieten umzustellen. Dies soll entweder durch den tatsächlichen Wechsel der Anschlussart oder aber durch eine Kündigung wechselunwilliger Kunden erfolgen. Die restlichen Nutzer werden nach und nach folgen, im Jahr 2018 soll es nur noch IP-Anschlüsse geben. Die derzeitige Kündigungswelle trifft vor allem VDSL-Kunden mit entkoppelten Telefonanschluss und Übertragungsraten von mindestens 25 Mbit/s, Anschlüsse mit weniger Datendurchsatz werden unseren Informationen zu Folge ab 2017 kontaktiert. In den uns vorliegenden Schreiben wird hauptsächlich der Tarif „Call & Surf Comfort VDSL 25/Universal“ genannt.
Carmen Hornbogen
8 Kommentare zu Telekom All-IP: Vermehrt VDSL-Kündigungen und Druck auf Kunden